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Innovative Kreislaufgeschäftsmodelle im Bekleidungs-bereich bieten Bekleidung nicht mehr zum Kauf, son-dern zum befristeten Leihen an. Denn insbesondere Kleinkindbekleidung oder modische Damenbekleidung wird häufig nicht sehr lange getragen. „Wear2Share“ untersucht, ob und wie solche Geschäftsmodelle zu nachhaltigerem Konsum führen, wie sie ökologisch und ökonomisch optimiert werden können und ob sie auch langfristig massentauglich sind.

OptimierungsViele gekaufte Kleidungsstuecke werden selten oder gar nicht getragen

Leihen statt Kaufen

Bekleidung hat aufgrund ihrer hohen Stückzahlen einen hohen direkten und indirekten Ressourcenverbrauch. Dabei sind auch die Einsparpotenziale sehr groß, da durchschnittlich jedes dritte Kleidungsstück nie oder seltener als einmal in drei Monaten getragen wird. Neue Kreislaufgeschäftsmodelle könnten helfen, derartige Fehlkäufe zu vermeiden und zu einer wesentlich effizienteren Nutzung von Kleidungsstücken beizutragen. Sie stellen Bekleidung nur leihweise zur Verfügung und sorgen so dafür, dass nicht getragene Kleidungsstücke schnell eine neue Nutzerin oder einen neuen Nutzer finden. Doch nicht jedes Kreislaufmodell führt auch automatisch zu Verbesserungen der Umweltbilanz, denn der Ressourcenersparnis stehen hohe Logistik- und Reinigungskosten gegenüber.

Ziel von „Wear2Share“ ist es, die ökologischen und ökonomischen Nachhaltigkeitspotenziale anhand zweier exemplarischer Kreislaufmodelle zu erforschen und die Frage zu klären, ob diese Kreislaufmodelle wirklich helfen, die Umweltbilanz von Kleidungsstücken zu verbessern. Zudem werden Randbedingungen identifiziert, die die Umweltbewertung der Modelle beeinflussen und betriebswirtschaftliche Optimierungspotenziale für das Geschäftsmodell erarbeitet. 

 

Digital lassen sich Kleidungsstücke verleihen

Digitale Potenziale

Möglich werden neue Kreislaufmodelle mit Hilfe der Digitalisierung. Durch den digitalen Zugang und den bequemen Leihprozess werden die Geschäftsmodelle konkurrenzfähig zum konventionellen Kauf. Um zu erforschen, wie gut diese neuen Leihmodelle angenommen werden, haben die Forscherinnen und Forscher bereits Konsumstudien und repräsentative Umfragen durchgeführt, um das Marktpotenzial und Nutzungsmotive der Kundschaft zu untersuchen. Die auf diese Weise gewonnenen Daten dienen außerdem als Grundlage für die anschließende ökobilanzielle Analyse. Ausführliche Interviews mit den Projektpartnern der Relenda GmbH sowie eine Analyse relevanter Geschäftsdaten geben darüber hinaus Aufschluss über mögliche Optimierungspotenziale für das digitale Geschäftsmodell der Miet-Kleidung.

 

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Ergebnisse (Stand Juni 2022)

Angesichts der Klimakrise und dem Einfluss der globalen Textilindustrie darauf, fragen sich viele Unternehmen, wie sie Angebote schaffen können, die die Lust an Mode nachhaltiger erfüllen können. Ein Konzept, das seit etwa zehn Jahren in Deutschland angeboten wird, ist das Mieten von Kleidung, bisher allerdings ohne marktdurchdringenden Erfolg. Das Fraunhofer ISI hat im BMBF-Projekt Wear2Share Optimierungschancen aus ökologischer, betriebswirtschaftlicher und konsu-mentenpsychologischer Sicht untersucht. Die Grundlage bildet eine enge Zusammenarbeit mit der Geschäftsführung der ehemaligen Relenda GmbH, die über viele Jahre hinweg Erfahrungen im Vermieten von nachhaltiger Damenoberbekleidung, Kindermode und als Kooperationspartner für Tchibo Share sammeln konnte und den Wissenschaftler*innen tiefe Einblicke in ihr Geschäftsmodell gewährte. Diese Informationen wurden durch eine Analyse des Marktpotenzials durch Kunden- und repräsentative Zielgruppen-Befragungen ergänzt. Des Weiteren wurde ein Stakeholder-Workshop mit Vertretern aus der Textilbranche und ihrer Peripherie durchgeführt und Expert*innen Interviews geführt. 

Zum Einstieg die gute Nachricht: Mode mieten hat im Vergleich zum Online-Shopping eine vorteilhaftere Umweltbilanz, da der eingesparte Energieaufwand für die Produktion neuer Kleidungsstücke den Energiebedarf höherer Transportlasten durch das Hin- und Hersenden überkompensiert. Das Einsparpotenzial für den modellierten Fall der Damenoberbekleidung mit Nutzungsdaten aus der Praxis liegt bei ca. 30 Prozent für Treibhausgasemissionen und bei fast 40 Prozent für den Wasserverbrauch. Einsparungen sind dabei schon ab dem 2. Mietzyklus möglich. Die Sensitivitätsanalysen zeigen aber auch, das Einsparungen durch nachteiliges Verhalten verloren gehen können, wie z. B. lange Pkw-Strecken beim Versenden, viele Wäschen und Nutzung von Trocknern. Insgesamt ist Mode mieten also sinnvoll, für alle die klimafreundlich leben und trotzdem chic gekleidet sein wollen.  

Immerhin ein Drittel der befragten Nicht-Kund*innen können sich das Mieten von Kleidung vorstellen, 20 Prozent davon im, in der Branche gängigen, Abomodell. Bei Abomodellen ist der Preis das entscheidende Kriterium, wichtiger als Stückzahl, Wechselhäufigkeit, Nachhaltigkeit oder Marken, die über die Abo-Flatrate bezogen werden können. Der wichtigste Grund für das Mieten ist die Möglichkeit, Kleidung, die nur einmalig gebraucht wird, nicht selbst kaufen zu müssen (77%). Ebenfalls dafür spricht für 61% der Frauen die Vermeidung von Fehlkäufen, dicht gefolgt von dem Wunsch, unverbindlich neue Stile auszuprobieren (60%). Etwas mehr als die Hälfte (53%) führt den Umweltgedanken als Motivation auf. Potenzielle Ersparnisse überzeugen die Frauen jedoch kaum, denn nur 14% der Frauen gaben diese als Grund für das Mieten an.

Als Hindernis stellt sich vor allem ein oft unterschätzter Faktor dar: das Vertrauen. Geschäftsmodelle der Sharing Economy, die auf gemeinschaftlichem Konsum beruhen, basieren auf Vertrauen. Als empfindliche Themen für die potenziellen Kund*innen von Fashion Rental Modellen lassen sich die Frage der Haftung für Schäden (69%), die Befürchtung, am Ende mehr Geld zu zahlen, als wenn das Produkt direkt gekauft würde (52%) und ein Zweifel an der einwandfreien Qualität der geliehenen Produkte nennen (55%). Ebenfalls hinderlich ist der fehlende Bekanntheitsgrad alternativer Konsummodelle. Nur 39 Prozent der Befragten wissen von der Möglichkeit, Kleidung zu leihen, zwei Drittel der Befragten haben noch nie von dem Konzept gehört.

*(durchgeführt im Januar 2020, n = 1300, bereinigtes n = 1171)

Team aus Forschenden und Unternehmen

Forscherinnen und Forscher des Fraunhofer ISI (Karlsruhe) arbeiten in „Wear2Share“ gemeinsam mit Unternehmen aus der Praxis, um am Markt agierende Geschäftsmodelle beleuchten zu können. Die Relenda GmbH bot bis Ende 2020 verschiedene digitale Leihmodelle für Kleinkind- sowie für Damenoberbekleidung an. Das Unternehmen lieferte im Projekt daher die unternehmensinterne Expertise und Daten ihrer Verleihplattformen. Darüber hinaus fließt die Herstellerperspektive durch die assoziierte Beteiligung von bubble.kid berlin kidswear, einem Hersteller für langlebige Kinderbekleidung, als auch die Expertise von Thekla Wilkening, Expertin für Kreislaufwirtschaftsmodelle in der Textil- und Bekleidungsbranche, ein.

Das Projekt liefert Erkenntnisse zur Nachhaltigkeit von Kreislaufmodellen und soll klären, auf welche weiteren Produktgruppen sich derartige Kreislaufgeschäftsmodelle sinnvoll übertragen lassen. Neben dem Erkenntnisgewinn steht der strategische Wissenstransfer in die Praxis im Fokus, um den Unternehmen, die sich der Circular Economy verschrieben haben, Pfade zur nachhaltigen Entwicklung aufzuzeigen.

Bildnachweis: © Relenda GmbH; pexels


Publikationen

 

Abschlussbericht (Januar 2023)

 

Bodenheimer, Miriam; Schuler, Johannes; Wilkening, Thekla (2022): Drivers and barriers to fashion rental for everyday garments: an empirical analysis of a former fashion-rental company. In: Sustainability: Science, Practice and Policy 18 (1), p. 344–356. 

Interview in der Fachzeitschrift TextilWirtschaft (2022): " Wear2Share - so kann Circular Fashion erfolgreich funktionieren"

 

Erste Antworten über das Mietverhalten von Kleidungsstücken und weitere Ergebnisse des Projekts

Ergebnisse des ersten Stakeholder-Dialog-Workshops vom 29.09.2020.

 

Projektflyer der Fördermaßnahme (deutsch / englisch) (März 2021)

Die Projektflyer bieten einen Einblick in die Inhalte und Ziele der ReziProK Projekte und stellen jeweils erste Ergebnisse vor.

Projektblätter der Fördermaßnahme (deutsch) (August 2019)

Die Projektblätter bieten eine Kurzübersicht über die einzelnen Projekte und deren Ziele.

 

Beiträge zu der ReziProK Transferkonferenz im Juni 2022

Poster (Juni 2022)

Präsentation (Juni 2022)

 

Beiträge zu der ReziProK Kick-off Veranstaltung im Dezember 2019

Poster (Dezember 2019)

Präsentation (Dezember 2019)

 

 

#Leihmodelle

Zu dem Artikel in weiter.vorn

Klamotten leihen statt kaufen (05.05.2020)

Link zu dem Magazin 320°

Picture credits: © Relenda GmbH; @ pexels;Fraunhofer ISI mit Icons von flaticon.com
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