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Modulare Smartphones haben das Potenzial, sowohl technischen Fortschritt durch Upgrades abzubilden als auch sich wandelnden Konsumbedürfnissen zu entsprechen. Dadurch wird eine längere Nutzungsdauer ermöglicht, die die Zahl der Geräte und ihre Umweltbeeinträchtigung senkt. Um positive Potenziale des modularen Designs zu entfalten und unerwünschte Folgen zu minimieren, entwickelt "MoDeSt" technische, soziale und wirtschaftliche Voraussetzungen und Lösungen für Modulkonzepte.

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Verlängerte Nutzungsdauer

Laut Bitkom verwenden aktuell mindestens 57 Millionen Menschen in Deutschland ein Smartphone. Die durchschnitt-liche Nutzungsdauer beträgt aktuell lediglich zwei Jahre. Smartphones enthalten eine Vielzahl wertvoller Metalle, aber auch Konfliktrohstoffe. Der größte Teil der Umweltbeein-trächtigung wird durch die Herstellung der Smartphones verursacht.

Modulare Smartphones setzen auf Nutzer- und Nutzerinnen- Seite - neben Akzeptanz und Interesse - auch spezifische Nutzungskompetenzen voraus wie das Wissen zu Reparaturmöglichkeiten. So können sie technische Neuerungen durch Upgrades aufnehmen. Dadurch werden längere Nutzungszeiten ermöglicht. Um positive Potenziale der Modulbauweise zu heben und negative Effekte wie den Mehrkonsum zu minimieren, werden im Rahmen des Projekts "MoDeSt" technische, soziale und wirtschaftliche Voraussetzungen für Modulkonzepte untersucht und Lösungsansätze für kreislauffähige und sozialökologisch sinnvolle modulare Technologien entwickelt.

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Ganzheitliche Vorgehensweise

Das innovative Projekt umfasst ein breitgefächertes, transdisziplinäres Konsortium. Die Integration von Forschung und Praxis sowie technische und sozialwissenschaftliche Kompetenzen bilden die Basis für eine ganzheitliche Bearbeitung der Forschungsaufgabe.

Das Projekt ist in fünf Arbeitspakete unterteilt, die eng miteinander verzahnt sind. Zunächst werden in der technischen Analyse konventionelle und modulare Smartphones sowie Konzepte hinsichtlich verschiedener Kreislaufwirtschaftsaspekte untersucht und bewertet. Im nächsten Schritt werden Ökobilanzen erstellt, die durch Szenarienbildung unterschiedliche Nutzungs-, Reparatur- und Entsorgungspraktiken abbilden und sie hinsichtlich Material- und Ressourceneffizienz bewerten. Die Szenarienbildung greift eng die Erkenntnisse anderer Arbeitspakete auf. So werden Nutzer- und Nutzerinnenerwartungen und -praktiken qualitativ und quantitativ untersucht. Bestehende Geschäftsmodelle für modulare Produkte werden analysiert und neue Ansätze entwickelt. Hierfür wird in Living-Labs ein offener Innovationsraum für Akteure aus Praxis und Forschung geschaffen.

Basierend auf diesen gemeinsamen Erkenntnissen zu umwelt-, nutzungs- und geschäftsmodell-bezogenen Fragestellungen wird der Modulansatz weiterentwickelt. Es werden sowohl konkrete technische Überarbeitungen als auch die Entwicklung genereller Ökodesign-Kriterien für modulare Smartphones angestrebt.

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Ergebnisse (Stand Juni 2022)

Smartphones kommen mit einer Vielzahl an Modellen und Variationen auf den Markt und doch gab es in den letzten Jahren einen klaren Trend: Neben der zunehmend besseren Ausstattung mit (Arbeits-) Speicher, höherer Displayauflösung und Akkukapazität, hat sich der Markt zu deutlich größeren Displays durch besseren Ausnutzungsgrad der Vorderseite (Screen-to-Body-Ratio) als auch durch größere, aber flachere Geräte hin entwickelt. Wechselakkus sind vom Standard zum Nischenprodukt geworden. Smartphones übernehmen zunehmend Funktionen von anderen Objekten (z.B. Wecker und Stereoanlage). Sie integrieren somit bereits viele Module, welche aber nicht variiert werden können, es ist eine statische Modularität. Selbst suffiziente Nutzer:innen entdecken immer neue Funktionen, die sie in ihre Alltagspraktiken integrieren. Die Erwartungen an Funktionen und Leistung sind generell hoch. Auch ökologisch orientierte Nutzer:innen ersetzen ihr Gerät, sobald die Leistung nicht mehr optimal ist. Eine wertebasierte Kommunikation langlebiger Geräte reicht daher nicht aus. Modulare Produkt-Service-Systeme (PSS) sollten sich auf die Funktionserwartungen und Nutzungsmuster verschiedener Nutzer:innen-Gruppen konzentrieren. Im Business Bereich hingegen sahen Teilnehmer:innen eines Workshops und einer Umfrage zu modularen Smartphones, welche im Rahmen von MoDeSt durchgeführt wurden, den Haupthebel vor allem in der Software und nicht in der Hardware, da zentrale Prüfungen und Updates hier sehr wichtig sind. Untersuchungen im Rahmen professioneller Reparatur zeigten, dass modularen Smartphones sich bei der De- und Remontage durch vielfache Vorteile auszeichnen: weniger benötigte Zeit, weniger Werkzeuge und Werkzeugwechsel und keine zusätzlichen induzierten Defekte. Des Weiteren ist bei der Erstdemontage eines Modells kaum Vorbereitungszeit notwendig, da die Demontagereihenfolge selbsterklärend ist. Aus Umweltsicht zeigte sich, dass sich eine Lebensdauerverlängerung durch Reparatur und Upgrades peripherer Teile wie Kameras lohnt, auch wenn es initial einen etwas höheren Herstellungsaufwand benötigen sollte. Ökologisch rentierte sich dabei ein Wechsel der Batterie oder des Displays sehr schnell, so dass dies auch bei älteren Geräten noch vorteilhaft ist und hier oft eher ökonomische Gründe wie aktuell noch hohe Ersatzteilpreise dagegensprechen. Die Firma SHIFT arbeitet hier konkret an einer funktionalen Hülle, welche Wasserdichtigkeit und kabelloses Laden ermöglicht – beides Aspekte, die bisher in leicht zu öffnenden modularen Geräten kaum zu finden sind.

Unterschiedlichste Arten modularer Smartphones sind denkbar und müssen auf das gewählte Geschäftsmodell und Nutzungsszenario abgestimmt sein. Analog hierzu müssen für PSS passende komplementäre Dienstleistungen zur Lebensdauerverlängerung angeboten werden. Modularität bietet für alle Akteure in der Wertschöpfungskette zahlreiche Vorteile. Der positive ökologische Effekt ist aber kein Selbstläufer, sondern muss Teil der Strategie werden. Die Politik sollte Anreize schaffen, den Materialverbrauch zu besteuern, damit in Lieferketten und Wertschöpfungsmodellen die Voraussetzung für eine stärkere Modularisierung der Geräte geschaffen wird.

Beteiligte Partner und Ergebnisse

Das transdisziplinäre Konsortium umfasst mit dem Fraunhofer IZM, der TU Berlin und dem CSM der Leuphana Universität drei wissenschaftliche, sowie mit SHIFT GmbH und AfB gGmbH zwei Partner aus der Wirtschaft.

Die Ergebnisse des Projekts werden genutzt, um die Verbreitung modularer Geräte am Markt zu erhöhen. Sie können Herstellern von Smartphones als wichtige Entwicklungsindikatoren dienen. Die Ergebnisse der Geschäftsmodellgestaltung können von Produzierenden, Vertriebspartnern und zirkulären Dienstleistenden genutzt werden, um wirtschaftliche Potenziale der Modularisierungsstrategien umzusetzen und damit Impulse für eine längere Nutzungsdauer zu setzen. Dabei können die Ergebnisse auf andere Produktgruppen innerhalb der Kreislaufwirtschaft angepasst werden. Die angewandten Methoden können wichtige Impulse für die partizipative Marktforschung im Bereich Technologie/IKT geben und die Entwicklung integrativer kreislaufwirtschaftlicher Strategien befördern. Im Rahmen wissenschaftlicher Publikationen werden die Ergebnisse für die Weiterentwicklung des Diskurses zum Übergang in eine integrative Kreislaufwirtschaft zur Verfügung gestellt.

 


Publikationen

Abschlussbericht (Dezember 2022)

Artikel im Magazin 320° Magazin (15.04.2020)

 

Projektflyer der Fördermaßnahme (deutsch / englisch) (März 2021)

Die Projektflyer bieten einen Einblick in die Inhalte und Ziele der ReziProK Projekte und stellen jeweils erste Ergebnisse vor.

Projektblätter der Fördermaßnahme (deutsch) (Dezember 2019)

Die Projektblätter bieten eine Kurzübersicht über die einzelnen Projekte und deren Ziele.

 

Beiträge zu der ReziProK Transferkonferenz im Juni 2022

Poster (Juni 2022)

Präsentation (Juni 2022)

 

Beiträge zu der ReziProK Kick-off Veranstaltung im Dezember 2019

Poster (Dezember 2019)

Präsentation (Dezember 2019)

 

Bildnachweis: SHIFT 2019; Maksym Yemelyanov-stock.adobe.com; TU Berlin 2020