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Im Projekt wird ein kreislauffähiges Produktdesign für Kühl-/Gefriergeräte mit Hilfe von datenbasierten Prozesssimulationen entwickelt, das gleichermaßen energie- als auch ressourceneffizient ist. Dazu werden verschiedene Szenarien mit dem Fokus auf Repair/Reuse, Substitution sowie möglichst geschlossene Recyclingpfade betrachtet. Die Zusammenführung der Ressourceneffizienzanalyse mit einem multiregional erweiterten Input-Output-Modell soll zukünftig die Abschätzung der Recyclingfähigkeit von Produkten bereits im Designstadium ermöglichen und dadurch ein Design-for-Recycling unterstützen.

Abb1_Aktuelles_Kuehlgeraet_Liebherr_klein

Recyclingfähigkeit

Um zukünftig eine stabile Versorgung der deutschen Wirtschaft mit Rohstoffen sicherzustellen, bedarf es dringend eines Umdenkens in der Nutzung von primären und sekundären Rohstoffen und beim lebenszyklusweiten Stoffstrommanagement. Im Jahr 2010 wurden beispielsweise nur 14 Prozent der in Deutschland eingesetzten Rohstoffe aus Schrott gewonnen, bei Recyclingkosten von über 50 Milliarden Euro. Für Stoffe wie Aluminium, Stahl oder Kupfer, die sich in vielen Konsumgütern wiederfinden, lag der Anteil an Sekundärrohstoffen bei der Gesamtproduktion in Deutschland im Jahr 2016 gerade einmal bei 40 Prozent. Eine wesentliche Ursache dafür ist, dass bei der Herstellung bzw. Neukreation von Produkten (Produktdesign) die Kreislauf- und Recyclingfähigkeit am Lebenszyklusende (EoL) bisher kaum mitgedacht wird. Hier setzt das Projekt „Circular by Design“ an, um an einem konkreten Haushaltsprodukt zu zeigen, welche Materialeffizienzpotenziale im Hinblick auf die Rückgewinnung der enthaltenen Rohstoffe, sowohl bezüglich des konstruktiven Produktdesigns als auch der Materialauswahl, vorhanden sind.

 

Abb2_Kuehlgeraet_vor_Recycling_HZDR_klein

Labor für Design

Die erstmalige Zusammenführung der Ressourceneffizienz-analyse des Helmholtz-Institut Freiberg für Ressourcen-technologie und des multiregionalen erweiterten Input-Output-Modells des Wuppertal Institutes für Klima, Umwelt und Energie soll zukünftig eine bessere Vorhersage eines für die Kreislaufwirtschaft geeigneten Produktdesigns erlauben. Dies soll am Beispiel eines der am häufigsten verwendeten und bereits gut charakterisierten Konsumgüter, dem Kühl-/Gefriergerät, unter Mitwirkung des Herstellers Liebherr-Hausgeräte demonstriert werden. Ziel ist, unter Leitung der Folkwang Universität der Künste (FUdK), innerhalb eines Living-Lab-Design-Prozesses verschiedene Designszenarien während der Projektlaufzeit zu durchlaufen. Dabei sollen Modelle entworfen werden, deren Gestaltung ein nahezu vollständiges Recycling sowie die Wiederverwendung einzelner Bauteile ermöglichen und dadurch neue Markt- bzw. Geschäftsmodelle wie Repair, Cash-back, Leasing etc. eröffnen. Unter Mitwirkung der Projektpartner Becker Elektrorecycling (BEC) und Entsorgungsdienste Kreis Mittelsachsen (EKM) sowie ausgehend von dem derzeitigen insbesondere auf Energieeffizienz ausgerichteten Referenzprodukt soll anhand der Quantifizierung der tatsächlichen Verluste gezeigt werden, an welchen Stellen die Rohstoffe tatsächlich verloren gehen, wie diese Verluste durch ein geeignetes Produktdesign reduziert und Rohstoffe möglichst langfristig im Kreislauf gehalten werden können. In enger Zusammenarbeit mit den Praxispartnern und einem erweiterten Kreis an Experten werden außerdem die rechtliche und praktische Machbarkeit betrachtet.

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Ergebnisse (Stand Juni 2022)

Die Publikation zur Kulturgeschichte des Kühlens ist erstellt. Mit deren Hilfe kann man nun entlang
eines Zeitstrahls die stetig steigende Komplexität des Produktes „Kühl-/Gefriergerät“ verfolgen. So gab es beispielsweise zunächst keinerlei im Innenraum verbaute elektronische Bauteile, mittlerweile sind es bis zu sechs Leiterplatte, die das Display oder den Eiscrasher in ihrer Funktion unterstützen. Diese Entwicklung in Kombination mit den kaum lösbaren Verbindungsarten erschwert am Ende der
Nutzungsphase zunehmend das Recycling der Geräte und damit die Rückgewinnung sortenreiner Stoffströme. Um das Produktdesign aktueller und älterer Kühl-/Gefriergeräte hinsichtlich ihrer Reparatur- und Recyclingfreundlichkeit vergleichend beurteilen zu können und daraus Designoptionen abzuleiten, benötigt man ein Bewertungsmodell, an dessen Ende u.a. ein Recyclingindex steht. Die erste Variante eines solchen Modells für den virtuellen Recyclingprozesses wurde erstellt. Dieses beinhaltet sowohl die physikalische Erstbehandlung für Kühlgeräte (Zerkleinerung und Vorsortierung) als auch die weiteren Aufbereitungsschritte der metallischen Stoffströme (metallurgische Aufbereitung) und kann bei Bedarf durch eine Prozess-Simulation abgebildet werden. Zur weiteren Qualifizierung des Modells bedarf es der Eingabe detaillierter Produkt- und Materialinformationen, um im Ergebnis Aussagen über die Recyclingfähigkeit, quantifiziert durch Indikatoren für Material-Rückgewinnung, Umweltauswirkungen und Ressourcenverbrauch zu liefern. Da solche Daten derzeit nicht verfügbar sind, wurden einzelne Geräte im Labor händisch demontiert als auch 100 Stück in einem realitätsnahen Großversuch bei STENA entfrachtet und aufbereitet. Die Auswertung der Versuche erfolgt zurzeit. Was man aber bereits jetzt schon feststellen kann, ist, dass die Demontagefreundlichkeit eines Gerätes ausschlaggebend ist für die Möglichkeit einer Reparatur sowie die Qualität des Recyclingprozesses.

Gesellschaftlicher Nutzen

Erwartet wird ein übertragbares Designkonzept zur Kreislaufführung der verwendeten Materialien von Konsumgütern am Beispiel eines Kühl-/Gefriergerät-Prototyps. Betrachtet man den Anteil von Stahl, Kupfer und Aluminium, machen diese zusammen fast 60 Prozent des Gewichtsanteils in zu recycelnden Kühl-/ Gefriergeräten aus, dazu kommen Kunststoffe mit einem Gewichtsanteil von etwa 35 Prozent. Das entspricht einem Materialwert an Sekundärrohstoffen von rund 25 Millionen Euro pro Jahr, allein für die produzierte Gerätetonnage eines Kühlgeräteherstellers. Es wird ein Einsparpotenzial vermutet, das durch eine Reduzierung des Materialeinsatzes, die Substitution nicht nachhaltiger Materialien wie PU-Schaum oder Kühlmittel, die Verbesserung der Erfassung der metallischen Abfälle sowie eine Erhöhung des Anteils sekundärer Rohstoffe bei Konsumgütern erreicht werden kann.


Publikationen

Abschlussbericht (Kurzbericht, 2023)
Der vollständige Bericht ist auf Nachfrage bei der Projektkoordinatorin PD Dr. Simone Raatz erhältlich.

 

Garcia Paz F. A., Heibeck M., Parvez A.M, Torrubia J.,van den Boogaart K. G. & Raatz S.: Recovery of Materials from Refrigerator: A Study Focused on Product Distribution, Recyclability and LCA Evaluation, Sustainability: Resources and Waste Management  2024 (29.01.2024)

PDF 

 

Artikel im Magazin 320° Magazin (08.04.2020)

"Kreislauffähiges Produktdesign für Kühl- und Gefriergeräte" Artikel im EU-Recycling Magazin ( Januar 2021)

EKM Entsorgungsdienste Kreis Mittelsachsen Abfallkalender (2021): CbD - Elektrorecycling der Zukunft, S.14

"Ein Kühlschrank – designed für den geschlossenen Kreislauf" Artikel im Magazin 320° Magazin (08.04.2020)

S. Raatz, M. Heibeck, M. Bickel, C. Liedtke, C. Tochtrop, M. Schliack, S. Förster, M. Wächter, J. Irmer: Circular by Design (CbD) - Ressourcenwende über nachhaltiges Produktdesign am Fallbeispiel Kühl-/Gefriergeräte, Recy & DepoTech 2020, Leoben, Konferenzband S. 799-804 (ISBN: 978-3-200-07190-2

"Freiberger forschen am Kühlschrank der Zukunft" Artikel in der Freie Presse (08.01.2020)

Liebherr-Hausgeräte Corporate Responsibility Bericht (2019): Optimierung des Materialeinsatzes, Übersicht über das Forschungsprojekt CbD; S. 48-49

 

Projektflyer der Fördermaßnahme (deutsch / englisch) (März 2021)

Die Projektflyer bieten einen Einblick in die Inhalte und Ziele der ReziProK Projekte und stellen jeweils erste Ergebnisse vor.

 

Projektblätter der Fördermaßnahme (deutsch) (August 2019)

Die Projektblätter bieten eine Kurzübersicht über die einzelnen Projekte und deren Ziele.

 

Beiträge zu der ReziProK Transferkonferenz im Juni 2022

Poster (Juni 2022)

Präsentation (Juni 2022)

Bildnachweis: Liebherr, FUdK